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Laufen in Münster

Wenn ich in der City Münster wohnen würde, dann würde ich jetzt am Aasee oder auf der Promenade laufen, dachte ich mir heute morgen, beim Laufen. Als ich noch in der City von Münster gewohnt habe, war ich aber nicht Laufen. Erst seit ich hier an der Werse wohne, laufe ich jeden Morgen kurz vor 6. Für viele ist das was Besonderes und für viele ist das ganz normal, wie mans nimmt. Also überlegte ich heute morgen, woran liegt das, dass ich erst mit 45 täglich laufe, egal, was für ein Wetter ist, teilweise dunkel und kalt? Midlifecrisis? Nein. Ich laufe weiter.

Früher habe ich viel Sport getrieben, Kampfsport, Schwimmen und diverse Ballsportarten. Alles um gesund und fit zu bleiben. Gesund und fit? Ich hatte zwei Knie-Op’s, es fühlte sich immer an, als wenn ich auf der Felge liefe. Nach dem Sport Hunger ohne Ende. Dann der Griff zum Brot. Und ich habe mich immer gewundert über den zunehmenden “Waschbärbauch”. Also hatte ich ein schlechtes Gewissen und meinte noch mehr Sport machen zu müssen. Fitnesscenter und Schwimmen. Der Bauch ging trotzdem nicht weg. Gut ich gebe zu, ich liebe Bier, wie viele Männer. Aber ich habe den Ärzten vertraut: “Verbauchen Sie mehr als Sie an Kalorien zu sich nehmen, dann nehmen sie automatisch ab.” “Sch….”, dachte ich so, ich habe mich doch nicht verzählt mit den Kalorien, mich selbst betrogen habe ich mich auch nicht. Woran lag es dann, dass ich immer mehr zulegte. Mein Arzt wieder: “Das ist so, ab 40 ist der Grundumsatz geringer”. Also suchte ich mir einen Job mit extremer Verbrennung: halbtags Fahrradkurier, rein aus sportlicher Motivation. Es gab auch noch ein Taschengeld und eine Krankenversicherung, so konnte ich meine harte Gründungszeit finanziell überbrücken und dachte ich könnte nie mehr zunehmen. Leider gibt es Briefträger auf dem Fahrrad, die alles andere als dünn sind. Und auch ich musste feststellen, ich nahm zu. Wieso denn das? Bei 4 Stunden Radfahren täglich im aeroben Bereich?

Da lernte ich Birgit kennen. Zu der Zeit war sie schon Expertin auf dem Gebiet. Aber trotz meiner Sympathie konnte ich mit ihrer Denkweise nichts anfangen, weil ich doch meinem Hausarzt mehr glauben wollte. Der Glaube an die Vernunft und ihn und die Mediziner war größer als die nackte Erkenntnis vor dem Spiegel. Ich entwickelte mittlerweile schon eine leichte Birnenform. Zunächst verdrängte ich diese Erkenntnis. Ich wollte meine Glaubenssätze nicht in Frage stellen.

Mittlerweile zog ich mit Birgit zusammen. Uns gings gut, ich meine Gründung war erfolgreich, wir brauchten das Geld und ich bewegte mich fast täglich, diesmal ohne Bezahlung. Und wenn es einem gut geht, gönnt man sich auch gutes Essen und gute Getränke. Immer noch in meinem Glaubensatz verwurzelt, “Verbrenne mehr als du kalorienmäßig isst, dann kannst du nicht zunehmen”, ging ich weiter auseinander. Eines Tages merkte ich wie ich kurzatmig wurde. Trotz Sport? Wie kann das? Klar, heute weiß ich, ich sah mich immer noch schlank, weil ich ja weiter Sport gemacht habe. Nur mein Selbstbild war völlig verzerrt. Ich war mittlerweile übergewichtig geworden: 1,79 m und 97 Kilo.

Holla, wie geht das denn? Ich habe alles richtig gemacht. Wieso werde ich denn dann dick? Da war ich soweit. Birgit war meine letzte Hoffung. Ich sitze in der Oase und verdurste, nur weil ich nicht glauben wollte, dass ich mich selbst betrogen habe. Birgit konnte endlich ihre Künste auch an mir ausüben, was ich vorher schlicht verweigert habe, so igonrant, wie ich war. Birgit hat mich hypnotisiert. Gut. Erstmal war alles wie vorher. Man hat keine Erleuchtung, aber es kommen viele Erkenntnisse. Wahrheiten kommen ans Licht. Erst später. So wenn man an den Kühlschrank geht und plötzlich wach wird. Ah, dachte ich, jetzt “wirkt” es. Hier wirkt nicht der Verstand. Denn mein Verstand hat mich ja auch plausiblerweise glauben lassen, dass mein Arzt Recht hat. Mit dem Verstand ist nicht alles zu lösen, um ehrlich zu sein, die wenigsten Dinge sind damit lösbar, außer Soduku vielleicht.

Ein paar Wochen später drängte mich förmlich in meinem Inneren etwas zu tun, was ich vorher nicht getan hätte. Ich hinterfragte mein Verhalten und meine Glaubenssätze. Aber es war kein verstandesgemäßes Hinterfragen, sondern eine Gewissheit, die stärker war als jedes vom Verstand vorgeschobene Argument. Damit entschied ich mich zunehmend für Veränderung. Verhaltensänderung. Ich machte mein Gewicht zur Chefsache. Ich ließ mich nicht mehr aufhalten mit dem, was mein Arzt sagte, (Ich fragte ihn gerne nach seiner Einschätzung, wie er Dieses oder Jenes einstufen würde) und was andere Experten zu sagen hatten. Ich wurde plötzlich ein Bündel voller Absicht. Denen ließ ich Taten folgen. Erst Dinnercanceling. Ok, das war hart, aber ich gewöhnte mir damit erstmal ab den Feierabend mit Genüssen zu verbringen, die keine sind: Essen dient der Ernährung, es ist kein Hobby.

Dann kams, ich schmiss einfach meine Krücken (Nordic-Walkingstöcke) weg. Ich glaubte nämlich, ich könnte nicht mehr 5 Kilometer am Stück laufen, ohne Schmerzen und Umknicken des Knies. Ok, ich lief am Anfang wie ein Wattwurm bei Ebbe. Aber ich lebe auf dem Land und hier schauen höchstens Fasane und Hasen dumm aus der Wäsche, kein anderer Jogger oder Rollatorfahrer, der mit mir tempomäßig mithalten konnte. Ich glaubte all die Jahre bis 45, dass ich weder 5 Kilometer, noch diese Strecke täglich laufen könnte, ohne dauerhaften Schaden zu erleiden. Ok, dann habe ich “gemogelt”. Ich las Dr. Strunz und folgte seinen Anweisungen. Zugegeben, er erweckt den Eindruck ziemlich übertriebene Meinungen zu haben, wie Vorderfusslaufen, schön im aeroben Bereich und Lächeln….

Ok heute, laufe ich mit dem Vorderfuss und aus dem Lächelns ist ein albernes Grinsen geworden und ich habe keine Erkältungen mehr (vorher mindestens 4 pro Jahr), deshalb sieht mein Arzt mich nicht mehr. Meine ich einen Anflug eines Infekts zu bekommen, mache ich einen Tag Pause. Am nächsten Tag bin ich wieder fit fürs Laufen, weil die Pause den Körper beflügelt und ihn sofort zu heilen scheint. Die Knieschmerzen sind weg. Stattdessen fühle ich mich als wenn ich Drahtseile in den Oberschenkel habe, bereit für den Spurt.

Alles fing an mit Birgits Hypnose. Jetzt fällt es mir ein, kurz vor Ende der Strecke. Ich will nichts analysieren oder rein interpretieren, aber mir ist jetzt klar wie mächtig negative Glaubensätze das Leben bestimmen. Ich bin übrigens jetzt auf Normalgewicht. Und das liegt nicht am Laufen, denn ich esse kalorienmäßig mehr als ich zu verbauche. Das liegt daran, dass ich meine Glaubensätze über das, was gesund ist und die DGE vorgibt, hinterfragt habe. Würde ich der DGE und meinem Arzt weiter glauben schenken, wäre ich noch weiterhin ein guter Patient, mit vielen kleinen Wehwechen…Das schwöre ich doch lieber auf das Laufen in Münster und ein Nein zu Diäten.